Die neue Generation der LaserwaffenAllein im Juni hat die US Army für eine Milliarde Dollar einschlägiges Equipment geordert. Ein Entwicklungssprung hat dazu geführt, dass Lasertechnologie immer mehr militärische, aber auch zivile Bereiche durchdringt.
Die nordamerikanischen Rüstungsfirmen DRS und L-3 Insight Technology teilen sich einen Großauftrag über die Lieferung von insgesamt 64.000 lasergestützten Zielerfassungsgeräten, die auf leichte Waffen montiert werden. Die um ein passendes Akronym nie verlegenen Militärs haben dafür die Abkürzung STORM erfunden. ("small tactical optical rifle mounted micro-laser")Die gerade einmal 600 Gramm schweren elektrooptischen Multisensor-Aufsätze für Sturm- und Maschinengewehre sind nicht nur nachtsichttauglich, sondern vereinen noch mehrere andere Funktionen in sich.
Zielerfassung für die InfanterieNeben einem Laser-Abstandsmesser enthalten sie einen digitalen Magnetkompass, GPS sowie "target illumination", wobei die Laser wahlweise im sichtbaren oder im Infrarotbereich arbeiten. Mithin am praktischsten sei wohl die Möglichkeit, zu sehen, wer wohin ziele, ohne dass der Gegner dies bemerke, heißt es in einschlägigen Foren der Militärs.
"Serious Games"Während immer mehr militärische Technologien immer weiter in die Zivilgesellschaft vordringen - Laser ist nur eins der Beispiele dafür - ist auch eine gegenläufige Bewegung festzustellen. Seit mehreren Jahren setzen die US-Militärs spezielle Computerspiele ("Serious Games") ein, etwa um Nachwuchsanalysten zu drillen. Mit Spezialsoftware werden die Einstellungen der "Generation Facebook" bezüglich Sicherheit und Geheimhaltung ermittelt, um Schwachstellen à la Bradley Manning möglichst früh zu identifizieren.
Durch die Kombination der integrierten Technologien lassen sich die Koordinaten taktischer Ziele - Maschinengewehrnester, Bunker und andere Stellungen - genau erfassen. So können Luftschläge angefordert werden, die mit ebenso lasergesteuerten Waffen ausgeführt werden, denn Laser finden sich mittlerweile in allen nur denkbaren militärischen Gerätschaften.
Entwicklungssprung der LaserDass diese Technologie, die anfangs vorwiegend bei teuren Lenkwaffen eingesetzt wurde - zum Beispiel im ersten Golfkrieg 1991 - nun bei der Infanterie angekommen ist, ist auf einen Entwicklungssprung während der letzten Jahre zurückzuführen.
Der betrifft sämtliche Arten von Lasertechnologien, die so unterschiedlich sind, dass keine einfache Beschreibung möglich ist, die auch generell stimmt. Die landläufig Lasern allgemein zugeschriebene Eigenschaft, die man vereinfacht als "extreme Streuungsresistenz" bezeichnen könnte - der Strahl bleibt auch über große Entfernungen gleich schmal ("kohärent") - trifft nur auf eine von zwei Laser-Grundtypen zu.
Puls und DauerstrichAnders als diese Dauerstrichlaser, denen ein sehr enges Frequenzspektrum eigen ist, verhalten sich Pulslaser genau gegenläufig.
Letztere kommen zum Beispiel bei der Analyse von Luftqualität oder der Qualitätskontrolle in Halbleiterwerken zum Einsatz, mit Dauerstrichlasern lässt sich hingegen schneiden, gravieren, operieren usw. Noch unübersichtlicher wird es, wenn man die Laser nach den verschiedenen Ausgangsmaterialien zur Erzeugung der Strahlen unterscheidet.
Verkürzt gesagt
Allen Arten und Kombinationen von Lasertechnologie liegt freilich ein- und derselbe Entstehungsprozess zu Grunde. Es handelt sich um eine stimulierte Emission durch einen rückgekoppelten Verstärker für die jeweilige Strahlung. Der Verstärkungseffekt wird entweder durch Kristalle, Gas oder eine Flüssigkeit erreicht, denen Energie zugeführt wird.
Alkoholbasierte LaserLaserstrahlen lassen sich sowohl durch Einsatz von Gasen, aber auch mit Halbleitern oder gar mit in Alkohol gelösten organischen Farbstoffen erzeugen und obendrein ist das in den frühen 60er Jaher geprägte Akronym LASER mittlerweise eigentlich falsch.
"Light Amplification by Stimulated Emission of Radiation", trifft zum Beispiel weder auf Mikrowellenlaser im unteren Spektrum, noch auf solche zu, die mit Röntgenstrahlen arbeiten.
Hochenergielaser als WaffenWie in den Zielerfassungsgeräten für die Infanterie kommen auch bei anderen Waffensystemen immer mehr kombinierte Lasersysteme zum Einsatz. Die US Army ist natürlich nicht die einzige Sektion der Militärs, die auf diese Technologien setzt. Hierbei geht es bereits um eine andere, neue Qualität, als die inzwischen Routine gewordenen Einsatzmöglichkeiten bei Visualisation und Zielerfassung.
Im Rahmen des HELLADS-Programms (High Energy Liquid Laser Area Defense System) der Defense Advance Research Agency (DARPA) wird daran geforscht, wie Hochenergie-Laserstrahlen direkt als Waffen eingesetzt werden.
150.000 Watt LeistungEbenfalls im Juni ging ein 40 Millionen Dollar schwerer Auftrag zur Entwicklung eines chemischen Hochenergielasers mit 150 Kilowatt Leistung an den Rüstungskonzern General Atomics.
Auch dabei handelt es sich um ein Hybridprodukt aus zwei verschiedenen Lasertechnologien, nämlich eines Gas- und eines Festkörperlasers. 80 Prozent der gesamten Hardware gehen für das "Pumpen", also die Aufladung des Lasers, die Stromversorgung und vor allem die Kühlung drauf.
Laser gegen LaserDerartige Waffensysteme sollen auf See, in der Luft und bei gepanzerten Fahrzeugen zur Abwehr von lasergesteuerten Lenkwaffen zum Einsatz kommen. Für das kanadische Gegenstück zur ARPA entwickelt wiederum der Münchner Rüstungskonzern Cassidian ein solches System.
Es ist vor allem dafür gedacht, in Küstennähe operierende Kriegsschiffe vor Lenkwaffenattacken vom Festland zu schützen. Aufgrund der kurzen Entfernung sind herkömmliche Raktenabwehrsysteme für Schiffe - radargesteuerte, relativ kleinkalibrige Schnellfeuergeschütze, die 5.000 Schuss pro Minute abgeben können - hier wenig tauglich.
Mit der von Cassidian entwickelten Technologie soll ein solcher Angriff bereits in der Anfangsphase - der lasergsteuerten Zielerfassung - entdeckt werden. Die anfliegende Antischiffsrakete wird dann mittels eines Hochenergielasers, wie ihn auch General Atomics entwickelt, zur vorzeitigen Explosion gebracht.
Weitere LaseraufträgeWas die US Militärs angeht, so sind die aktuellen Neuakquisitionen damit keineswegs vollständig aufgezählt. Die anderen Teile der US Militärs - Navy, Air Force und Marines - haben während der letzten Monate zusammen ebenfalls Aufträge für mehrere hundert Millionen Euro allein für Laserwaffen ausgegeben.
Je zehn Millionen gingen zum Beispiel an die Rüstungskonzerne Raytheon und Boeing für die Nachrüstung existierender Zielerfassungsysteme, Lockheed Martin kassierte 40 Millionen für laserbasierte Trainingssysteme für Scharfschützen.
Laserbasierte AusbildungÄhnlich wie bei "Paintball"-Kriegsspielen wird hier mit (ungefährlichen) Lasern, die auf die Sturmgewehre montiert sind, "geschossen", Lasersensoren melden dann die "Treffer", die Getroffenen scheiden aus.
Anders als die neuen Multifunktionsgeräte zur Zielerfassung bei Infanteriewaffen, die derzeit nur in eine Handvoll von Staaten exportiert werden dürfen, ist dieser Auftrag des Pentagon dezidiert für Exportzwecke vorgesehen.
Laut Ausschreibung sind diese Trainings- und Ausbildungstechologien für die Nationalgarde Saudiarabiens bestimmt.
Scharfschützen gegen UnbewaffneteDiese Privatarmee des saudischen Königshauses war zuletzt durch ihr Eingreifen in Bahrain in die Schlagzeilen geraten, als sie den Volksaufstand der schiitischen Bevölkerungsmehrheit in dem Inselstaat niederschlug.
Wie in Syrien, Libyen und im Jemen spielten dabei dabei Heckenschützen eine wichtige Rolle, die (vermeintliche), jedenfalls aber unbewaffnete Rädelsführer der Aufständischen durch gezielte Todesschüsse eliminierten.
Fernaufklärung, Bin Laden, MautsystemeEin weiterer einschlägiger Auftrag über zehn Millionen der US Navy erging an Boeing für die Lieferung von Lasergyroskopen, die in die neueste Generation von Kampfjets eingebaut werden.
Northrop Grumman wurden für die Aufrüstung bestehender Systeme zur Fernaufklärung und Zielidentifikation aus großer Höhe insgesamt 17 Millionen zugesprochen. Hochfliegende (unbemannte) Drohnen vom Typ "Global Hawk" haben dieses Vorläufersystem benutzt, um das Anwesen Osama Bin Ladens mikrokartografisch zu erfassen. Aus diesen Daten wurde dann eine 3D-Computersimulation erstellt.
Mit einer einfacheren Variante der dafür eingesetzten "Laser immission detection and ranging"-Technologie (LIDAR) machen jedes Jahr auch Hunderttausende Österreicher unfreiwillige Bekanntschaft. LIDAR wird in den meisten gängigen Systemen zur automatischen Erfassung und Einlesung von Autokennzeichen ("Section Control") wie auch bei Mautsystemen eingesetzt.
http://fm4.orf.at/stories/1684829/